von Matthias Seibt

Fehlender Schlaf und Ver-rücktheit (psychiatrisch Psychose) gehören zusammen wie Wolken und Regen. Diese Regel gilt für 90 bis 95% aller Menschen, die Zustände der Ver-rücktheit kennen.

So wie ohne Wolken kein Regen möglich ist, ist für diese Menschen ohne Schlafverlust kein Ver-rücken (und damit keine Ver-rücktheit) möglich.

Wie kommt es nun zu dieser Schlaflosigkeit?

Es sind Gedanken, die nicht zur Ruhe kommen und damit auch uns nicht zur Ruhe kommen lassen. Diese Gedanken beziehen sich in der Regel auf ganz alltägliche Lebenssituationen oder –Ereignisse.  Einsamkeit, Partnerschaftsprobleme, Schulden, Arbeits- oder Prüfungsstress können uns dermaßen beschäftigen, dass die Gedanken daran uns unseren Schlaf rauben.

Handelt es sich um eine besondere Art der Schlaflosigkeit?

Ja. Die normale Schlaflosigkeit geht mit Müdigkeit und Zerschlagenheit einher, man wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich wieder (wie sonst) schlafen zu können. Die zum Ver-rücken gehörende Schlaflosigkeit führt in einen Hellwach-Zustand. Dieser Hellwach-Zustand ist angenehm, der fehlende oder stark verkürzte Schlaf wird nicht als Mangel empfunden. Man hat neue Gedanken, verfügt über ungewöhnlich viel Energie, ist in der Lage Probleme in Angriff zu nehmen, an die man sich bislang nicht herantraute.

Diese positiven Aspekte des Hellwachseins machen es vielen Menschen schwer, die Gefahr einer beginnenden Ver-rücktheit zu erkennen. Insbesondere wenn dieser Hellwach-Zustand  im Anschluss an eine Niedergeschlagenheit (psychiatrisch Depression) entsteht, werden die möglichen Nachteile dieses Zustands unterschätzt.

Wie lange dauert der Übergang vom Hellwach-Zustand in die Ver-rücktheit?

Das dauert unterschiedlich lang. Wichtigster Aspekt hierbei ist die Dauer des verbliebenen Schlafs. Zwei Stunden sind gefährlicher als vier Stunden.

Wie wichtig ist Schlaf?

Atmen, trinken, schlafen und essen sind unsere Grundbedürfnisse. Schlafen und  Trinken sind von ähnlicher Wichtigkeit. Nach 7 bis 9 Tagen „Verzicht“ auf eines dieser beiden Grundbedürfnisse wird es bei mitteleuropäischem Klima für einen gesunden jungen Menschen spätestens lebensgefährlich.

Die uns im Hellwach-Zustand beschäftigenden Gedanken können uns derart von unseren Grundbedürfnissen ablenken, dass wir nicht mehr (kaum noch) essen. Der zusätzliche Nahrungsentzug verstärkt dann wiederum unsere Aufgedrehtheit oder Überdrehtheit. Manche Menschen vergessen sogar das Trinken.

Stand Januar 2004