von Matthias Seibt

Von 504 784 in der BRD behandelten Psychiatriepatient/inn/en kamen 1996 bei einer durchschnittlichen Verweildauer von 36,5 Tagen 3 125 zu Tode. Hierin sind 76 724 Suchtpatient/inn/en mit 47 Todesfällen enthalten. Das sind von jedem/r nachzulesende Zahlen des statistischen Jahrbuchs 1998.

Rechnen wir mal ein bißchen: 36,5 Tage sind ein zehntel Jahr. 3000 von 500 000 ist 0,6%. 0,6% mal zehn ist 6%. Diese Hochrechnung aufs ganze Jahr ist nötig, weil es einen Unterschied macht, ob ich 0,6% Todesrate bei einem Tag Verweildauer oder bei einem halben Jahr Verweildauer habe. Da der Mensch im Durchschnitt etwa 80 Jahre alt wird, beträgt die “natürliche” Sterblichkeit jedes Jahr 1,25%. In der Psychiatrie ist es also fünfmal so gefährlich wie “draußen”. Dies dank der Behandlung von “Krankheiten”, die unbehandelt keineswegs lebensgefährlich sind.

Dazu kommt noch, daß einige durch psychiatrische Behandlung hervorgerufene Todesfälle wahrscheinlich auf somatischen Stationen stattfinden. Außerdem erfolgt keine Berücksichtigung der im halben Jahr nach Anstaltsaufenthalt mit Neuroleptikabehandlung stark erhöhten Selbsttötungsrate. Schätzungen und Zählungen (Haase, Therapie mit Psychopharmaka…, 1977. S. 410) gehen hier von einer bis auf das 100-fache erhöhten Selbsttötungsrate gegenüber der “Normal”bevölkerung aus. Das läßt das Gerede von der Suizidprophylaxe durch die Psychiatrie etwas merkwürdig aussehen.

Bedenkt man/frau zu schlechter letzt noch, wer die Daten für diese Statistiken liefert, nämlich Psychiater/innen und ihre Helfer/innen, wird klar, daß, wenn es eine Verfälschung der Daten gab, diese wahrscheinlich nicht zu Ungunsten der Psychiatrie ausfiel. Ich zitiere eine anti-psychiatrischer Neigungen gewiß unverdächtige Person, den Sozialpsychiater Asmus Finzen: “Unser Nachhaken im Rahmen der Untersuchung ergab, daß in Krankengeschichten und Entlassungsbüchern oft kein Vermerk über den Tod oder den Suizid der Patienten zu finden war. Wenn sich der Suizid während eines Urlaubs ereignet hatte, wurde er nicht selten rückwirkend entlassen. Wenn der Suizidversuch nicht zum sofortigen Tod geführt hatte, galt er für das Krankenblatt und die Statistik als verlegt in die Innere oder in die Chirurgische Klinik.” So Asmus Finzen auf S. 45 von “Der Patientensuizid”, Psychiatrie – Verlag 1990.