Visionen (realistische) einer menschlichen Krisenbegleitung ° Mut zum Weitermachen ° Inspiration ° Anregungen ° hoffentlich etwas weniger Hilflos ° Situationen besser einschätzen können ° Überblick: Teilbereiche der Krisenbegleitung ° Ermutigung ° Mut, jemanden zu begleiten ° Mehr Verstehen ° Kompetenz ° Erfahrungen anderer ° Gegenseitige Akzeptanz ° Berufliche Ideen und Ideen zur Selbsthilfegruppe ° Neuen Ansporn die Verantwortung bei den Betroffenen zu lassen ° Anregungen für die Kommunikation ° Anstöße zur Veränderung
Dieser Leitfaden entstand im Mai 2008 während eines Wochenendseminars zum Thema Krisenbegleitung. 15 Menschen trugen mit ihrem Erfahrungs- und Expertenwissen zur Vielfalt der Thematik bei. Dabei ging es uns nicht darum allgemeingültige Regeln aufzustellen, sondern möglichst vielseitige Ideen zu formulieren, damit Möglichkeiten aufzuzeigen und Handlungsspielräume zu erweitern. Die Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit des Betroffenen zu wahren, war uns dabei ein wichtiges Anliegen. Alle in diesem Leitfaden enthaltenen Informationen sind als Angebote aufzufassen, können je nach Situation angebracht oder unangebracht sein. Der Begleitende soll sich bei der Auswahl am Wünschen und Wollen des Betroffenen orientieren.
Warum Krisenbegleitung?
Das Thema Krisenbegleitung interessiert uns, weil wir wissen dass es auch „anders“ geht. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es möglich ist, auch schwerwiegende Krisen, die mit extremer Ver-rücktheit einhergehen, in guter Begleitung zu meistern. Dies finden wir wichtig…
- …um Psychiatrieaufenthalte, Zwang, Gewalt und Medikation zu vermeiden
- …um Eskalationen zu vermeiden
- …um Chronifizierung zu vermeiden
- …um Selbstbestimmung und Selbstverantwortung auch in Krisenzeiten aufrecht zu erhalten
- …um Erfahrungen und Hoffnungen zu teilen
- …um in Krisenzeiten nicht allein zu sein
- …weil wir während der Krise nicht Kinder, Wohnung oder Arbeit verlieren wollen
- …weil wir Menschen brauchen, die uns zuhören, uns Mut, Verständnis, Trost zusprechen und auf unsere Ängste eingehen
- …weil wir Krisen als Chance für persönliches Wachstum verstehen
- …weil wir eine gewaltfrei durchlebte Krise als Prävention für weitere Krisen betrachten
- …weil wir aus der Opferrolle ausbrechen wollen
- …weil wir dem Mythos von der nur chemisch zu behandelnden Transmitterstoffwechselstörung wieder echte Menschlichkeit entgegensetzen wollen
Was ist eine Krise?
Wenn wir uns damit befassen, wie wir Menschen in Krisen gut begleiten können, stellt sich die Frage, was überhaupt eine Krise ist. Denn die Art der Betrachtung hat Konsequenzen für unser Handeln.
Die folgenden vier Fragen sollte sich jeder Begleitende auch selbst stellen, um seine/ihre Haltung der zu begleitenden Person gegenüber, zu überprüfen.
- Was ist eine Krise?
- Wer bestimmt, ab wann/ was eine Krise ist?
- Wo fängt der Begleitungsbedarf/ Handlungsbedarf an?
- Wer leitet den Begleitungsbedarf wie ein?
Für Erfahrene, die andere begleiten wollen:
- Wie habe ich Krisen erlebt? Ab wann brauchte ich Hilfe?
- Wer hat zuerst gemerkt, dass es wieder losging?
- Wie habe ich reagiert, wie haben die anderen reagiert?
- Wenn ich begleitet worden bin, wer hat das wie eingeleitet?
Unserer Meinung nach sind Krisen gekennzeichnet durch:
- Einen Neuordnungsprozess und damit einer Chance
- Sie können mit starkem Leidensdruck, aber auch mit „höchstem Glück“ verbunden sein
- Sie können uns in den Bann neuer Welten und Bedeutungsgebungen ziehen, die für andere nicht zugänglich, für uns aber sehr verlockend (weil alles Sinn macht, auf uns bezogen scheint) sind
- Sie können mit Hilfebedarf verbunden sein
- Möglicherweise Verlust der Handlungsfähigkeit, Selbst- oder Fremdgefährdung
- Rückzug von sozialen Kontakten oder übermäßiges Mitteilungsbedürfnis
- Strukturverlust/ -erleben
- Ausnahmezustand, in dem der Alltag nicht mehr zu bewältigen ist, unwichtig wird
Ob eine Krise als solche zu handhaben ist, bestimmt der Betroffene selbst.
Sollten andere den Eindruck haben, dass sich jemand in eine Krise „hineinmanövriert“, ist es ratsam, dem Betroffenen diesen Eindruck zu schildern (siehe auch: Krisenkommunikation), nachzufragen und Hilfe anzubieten, ohne dabei aufdringlich zu werden oder einfach Zeit mit demjenigen zu verbringen.
Wichtig! Psychische Krisen kommen nicht einfach über uns. Wir stehen ihnen nicht passiv gegenüber, sind nicht Opfer fremden Erlebens. Wir sind Akteure dieses Geschehens. Wir sammeln die Fäden wieder zusammen, die auseinander zu fallen drohen. Wir versuchen am Ende der Sackgasse ein Loch durch die Mauer zu schlagen. Wenn wir dies mit dem Kopf versuchen, haben wir es entweder noch nicht anders gelernt, oder uns fehlt gerade das Werkzeug. Wir suchen eine Lösung. Was wir erleben, macht Sinn und hat mit uns zu tun. Wir laden unsere Begleiter ein uns bei unserer Suche zu unterstützen. Wir wissen, was wir brauchen. Fragt nach!
…übrigens kann jeder auch für sich selbst mal genauer hinschauen, wie er/sie das macht, sich in eine Krise hineinzumanövrieren. Meist handelt es sich um kleine Veränderungen im gewohnten Lebensrhythmus, die eher unbewusst vollzogen werden. Z.B.: Anders atmen, schlafen, essen, denken, kommunizieren…
Bedürfnisse, die hinter Krisenerleben stehen können
und hilfreiche Reaktionen / Kompetenzen der Begleitenden
Bedarf | Hilfreiche Reaktion |
Klarheit/ Ehrlichkeit Schutz- und Schonräume Keine Vorwürfe/ Schuldzuweisungen Realistische Phantasie Auswege/ Möglichkeiten Kleine übersichtliche Schritte Sicherheit i.d. Realität finden/ Orientierung Wunsch nach Befreiung/ Öffnung/ Lockerung Lebendigkeit Stressfreiheit Ein gleichwertiges menschliches Gegenüber Aufbauen/ Mut machen/ stärken Lernen aus der Krise/ Neues finden/ weiterkommen Blick auf Individualität/ Stärken/ Ressourcen Identitätssuche Gefühle lassen/ ausleben/ fühlen/ sein Kleine Wünsche/ Grundbedürfnisse befriedigen Ich bin Okay Subjektorientierung Vollwertig fühlen Mit einem Erfahrenen sprechen Über Erfahrungen sprechen Mitteilungsbedürfnis/ Einsamkeit Ängste ernst nehmen Trost und Zuwendung Bedarf nach praktischer Hilfe Kommunikation/ Verlässlichkeit/ Gemeinschaft Rückmeldung/ Feedback/ Resonanz Schutzbedarf Freiheit/ Autonomie/ Entscheidungsfreiheit Vertrauen dass der Begleiter auf sich aufpasst Anker/ Brücken bauen Profitieren von den Erfahrungen anderer Achtung/ Respekt/ Anerkennung Authentizität Nähe/ liebevoller Umgang Raus aus der Hoffnungslosigkeit/ Mut Vertrauen/ Halt Gesetz und Recht durchsetzen Entspannung/ Ruhe/ Gelassenheit | Verrücktheit aushalten / Toleranz/ Akzeptanz Kreative Lösungssuche/ Einfallsreichtum Planen/ Klarheit/ Ehrlichkeit Zweifel an irrigen Vorstellungen vorsichtig einstreuen/ Feedback Beweise anbieten/ suchen lassen Ablenken/ Beschäftigen Spazieren/ Bewegung Unzulänglichkeiten hinnehmen Sich in Frage stellen Mut zum Nicht- Perfekt sein Ressourcenorientierter Blick Mit der Betroffenen arbeiten/ Rückversichern Gefühle lassen/ ernst nehmen An eigene Erfahrungen erinnern/ erzählen Nach Wünschen fragen/ Wünsche erfüllen Situation nehmen wie sie ist Bewusstsein, dass sich mehr dahinter verbirgt Energiemanagement Nicht überfordern Wissen um Ernsthaftigkeit anderer Realität Interesse Extreme leben lassen Einfühlsam sein Zuhören Grenzen setzen Praktische Hilfe anbieten Präsenz Erreichbarkeit Sich raushalten/ zurücknehmen Realitätsinseln finden Geduld/ Ausdauer Freiheit lassen Achtsamkeit/ Wachsamkeit Mitgefühl/ Mitleid Keine Angst/ Ermutigung Vertrauen/ Hoffnung Konsequenz Selfcare/ für sich sorgen Verantwortung Hinzuziehen von anderen Helfern/ Unterstützung koordinieren Zielsicher Entscheidungen treffen Sachlich streiten im Sinne der Betroffenen Kämpfen für Rechte des Betroffenen Massieren/ körperl. Nähe/ Entspannungsübungen |
Inhalt und Organisation der Krisenbegleitung
Teilbereiche der Krisenbegleitung:
- Bedarf feststellen/ Kontakt/ Kommunikation/ Auftragsklärung
- Ort der Begleitung/ Schonraum
- Grundversorgung sicherstellen
- Krisenteam koordinieren
- Regelung der Pflichten und Aufgaben
- Kontakt/ Information/ Vermittlung im sozialen Umfeld
- Stabilisierung
- Beschäftigungen
- Medikamente
- Perspektiven
- Bedürfnisse des Begleitenden
1. Bedarf feststellen/ Kontakt/ Kommunikation/ Auftragsklärung
- Sich gemeinsam über den Hilfebedarf verständigen
- Klare Absprachen treffen / Transparenz, Orientierung bezüglich der Krisensituation und Begleitung schaffen
- Durch Beobachtung und Nachfragen herausfinden was dem Betroffenen gut tut
- Klare Ansagen dazu machen, was dem Begleitenden möglich ist und was nicht
- In kleinen Schritten denken und reden
- Vorausverfügung vorhanden? Wenn ja, was steht drin, wer ist Bevollmächtigt?
- Zuhören und „Realitätsinseln“ finden und nutzen
(Egal wie sehr ein Mensch ver-rückt, es gibt immer wieder zwischendurch einen Bezug zur gesellschaftlichen Realität. In diesem Moment lässt sich die Situation gut gemeinsam reflektieren. Neue Absprachen können getroffen werden. Ebenso ist es möglich in einem solchen Moment eine Metaebene, die als dritte Kommunikationsinstanz: „Du, Deine Metaebene, mit der Du reflektierend von außen auf das Geschehen schauen kannst, und ich“ einzuführen. Der Betroffene kann dadurch immer wieder aus dem Geschehen aussteigen, ohne sich in der Ernsthaftigkeit des Krisenerlebens zu verleugnen).
- Gleichberechtigter Umgang miteinander: Der Betroffene muss spüren, dass er anerkannt ist und ernst genommen wird.
2. Ort der Begleitung/ Schonraum
- Welche Umgebung/ Ort ist jetzt richtig und als Krisenraum nutzbar?
- Häufige Ortswechsel vermeiden
- Dem Betroffenen sollte es möglich sein, sich einzurichten, den Raum nach seinen Vorstellungen zu gestalten
- Zusammen eine gute Atmosphäre schaffen
- Lärmarm/ reizarm/ hell oder dunkel?
- Möglichkeiten/ Materialien vorhanden um sich auszudrücken, Gefühle auszuleben?
- Rückzugsmöglichkeiten auch für Begleiter?
- „Krisencamping“ (kaum erprobte interessante Idee- Rückmeldungen erwünscht 🙂
3. Grundversorgung sicherstellen
- Essen/ Trinken/ Einkauf
- Körperpflege/ Kleidung/ Wäsche
- Hausarbeit
- Und was Mensch noch so braucht: Nachfragen!
4. Krisenteam koordinieren
- Mit dem Betroffenen abklären welche Personen für ihn in Frage kämen
- Die Bereitschaft der in Frage kommenden Personen abklären
- Treffen mit dem Krisenteam und Organisatorisches klären
- Telefonliste
- Verantwortlichkeiten und Grenzen besprechen, möglicherweise abhängig vom Vertrauensverhältnis (nicht jeden wollen wir so nah an uns ran lassen, nimm’s nicht persönlich, mach Dich anders nützlich, geh z.B. einkaufen, sind schon die nettesten Menschen mit Monstern verwechselt worden 🙂
- Wie viele Begleiter gleichzeitig vor Ort sinnvoll sind ist sehr unterschiedlich: Nachfragen!
- Eng zusammenarbeiten, für gegenseitige Entlastung sorgen
5. Regelung der Pflichten und Aufgaben
- Was muss alles im Umfeld des Betroffenen geregelt werden?
- Krankmeldung am Arbeitsplatz
- Verantwortung für die Familie regeln (wer versorgt die Kinder?)
- Haustiere
- Wohnsituation stabilisieren (mal durchputzen, Briefkasten leeren, Miete überweisen ect.)
- Finanzielle Situation klären
- Bestandsaufnahme von möglichem Chaos (verwüsteter Haushalt, Kaufverträge…)
6. Kontakt/ Information/ Vermittlung/ soziales Umfeld
- Kontakt mit dem Umfeld des Betroffenen aufnehmen falls dort Klärungsbedarf besteht (z.B. aufgebrachten Nachbarn signalisieren dass verantwortliche Ansprechpartner da sind)
- Information der Angehörigen
- Ggf. Hineinnahme der Angehörigen ins Hilfenetz der KB
- Trümmer im soz. Umfeld schlichten
- Vermittlung fundierter Infos wo es nötig und hilfreich ist (unter Wahrung von Schweigepflicht und Persönlichkeitsrechten)
7. Stabilisierung
- Ruhe herstellen/ beruhigende Musik
- Waldspaziergang/ Begegnung mit der Natur
- Für Bewegung sorgen/ tanzen/ laufen
- Festhalten wenn gewünscht
- Struktur aufbauen: Hausarbeit/ Garten…
- Genießen/ Wohlfühlen
- Trainieren
- Regeln vereinbaren (z.B. Blickkontakt)
- Ressourcen finden
- Entspannungsübungen
- Alle Gelegenheiten nutzen zur Ruhe zu bringen (körperl. Betätigung/ Schlaf/ Tee)
- Naturheilkunde einsetzen
WICHTIG: Nachts schlafen! Wer nicht schläft wird/ bleibt ver-rückt. Im Schlaf kann sich unser Geist und Organismus beruhigen und ordnen. Jeder kennt das: Abends noch Probleme gewälzt, morgens alles nicht mehr so relevant…
Um nachts gut zu schlafen ist Bewegung am Tage sinnvoll!
8. Beschäftigungen
- Musik
- Backen
- Spaziergang
- Umgebungswechsel
- Kochen/ essen/eis essen gehen/ Cafe
- Einkaufen
- Entspannung/ Massage/ Yoga
- Smalltalk/ klönen/ intensive Gespräche
- Rauchen/ Kaffe/ Tee trinken
- Schlafen
- Zeitung lesen/ vorlesen
- Körperl. arbeiten
- Baden
- Malen/ Handarbeiten
- Bildbetrachtungen
- Beschäftigung planen/ besprechen
- Haushalt
9. Medikamente
- Was gewohnt/ eingenommen/ schon mal geholfen?
- Bedarf sicherstellen
- Kontakt zu Arzt?
- Alternativen: Bachblüten, Homöopathie, Schüssler Salze, Nahrungsergänzungsmittel (Vitamine/ Mineralen..)
- Beruhigungsmittel: Schlaftee (Hopfen, Baldrian, Johanneskraut)
Auch hier gilt: Auf den Schlaf kommt es an. Zum Schlafen abends etwas zu nehmen kann sinnvoll sein, sich hingegen schon morgens chemisch zu beruhigen kann den Schlaf/Wach Rhythmus noch mehr durcheinanderbringen.
10. Perspektiven
Schon während der Begleitung kann mit möglichen Perspektiven experimentiert werden.
Auch Zukunft und Hoffnung bringen uns wieder auf die Beine, es sei denn sie überfordern. Möglicherweise ist ein Themenbereich aus meinen persönlichen Perspektiven auch Auslöser für die Krise. Dann kann es hilfreich sein hier den Weg zu ebnen.
- Zuwachs an Eigenständigkeit
- Wohnraum
- Berufl. Wiedereingliederung
- Beziehung zur Familie/ soz. Umfeld
- Ressourcen ermitteln
- Kontakt zu Selbsthilfegruppen und anderen Helfern
- Klärende Gespräche
- Freizeitaktivitäten/ Sport
- Körperpflege
- Alkohol, Drogen?
- Etwas was ich tue aber nicht tun will?
- Etwas was ich nicht tue aber gerne tun würde?
- Etwas was ich meine, was ich tun sollte, was mir aber widerstrebt?
- Die Diagnose nicht überbewerten
- In kleinen Schritten zur Gesundung
- Aus der Krise lernen
- Persönliche Weiterentwicklung
- Notfallplan für die Zukunft
- Gesunde Ernährung
- Mit Kräften haushalten
11. Bedürfnisse des Begleitenden
- Selbstschutz durch Ablenkung
- Redefluss lenken
- Absprache/ Abstimmung der Beteiligten in Bezug auf Ort und Handlung
- Bedürfnis Hilfreich und wirksam zu sein
- Ehrliche Feedbacks erhalten
- Den anderen erreichen/ ankommen
- Kompetent sein
- Wenn’s zuviel ist wieder rausziehen können
- Nicht alleine dastehen im Gespräch mit den Betroffenen
- Späteres nachbereiten
Es ist durchaus in Ordnung als Begleiter auch gegenüber dem Betroffenen eigenen Bedürfnisse und Grenzen mitzuteilen. Es soll ja eben kein Machtgefälle entstehen.
Krisenkommunikation
Was ist wichtig / zu beachten bei der Krisenkommunikation?
- Für die Person macht das Verhalten/ Gesagte in einem bestimmten Kontext Sinn
- Der Betroffene weiß am besten was dahinter steckt
- Wir sind nicht-wissend, neugierig und interessiert
- Wir müssen immer genau nachfragen
- Wir müssen unsere Ideen immer wieder in Frage stellen
- Wenn wir eine Interpretation im Kopf haben, können wir diese anbieten
- Lehnt der Betroffene unsere Interpretation ab, so ist sie nicht nützlich und wir müssen sie wieder loslassen
Wenn jemand nicht kommunizieren will oder kann:
- Respektieren
- Phantasieren
- Thematisieren
- Andere/ nonverbale Wege suchen
- Mein Erleben schildern
- Gute Absicht darlegen/ Gründe/ Hilflosigkeit
- Fragen warum
- Thema wechseln
- Personen wechseln
- Aktivitäten anbieten
- Sich fragen ob es mit einem selbst zu tun hat
- Zugang über die Beziehungsebene
- Gestik/ Mimik/ Augenbewegung/ Schriftsprache
- Singen/ Schreien
- Berührung
- Ja-Nein-Fragen
- Warten
- Dabeisein/ Bleiben, das auch sagen
- Akzeptieren/ vielleicht ist alles gesagt
Feedback in der Krise hilft mir wenn:
- Es ernst gemeint ist
- Es wohlwollend rübergebracht wird
- Wertschätzend/ respektvoll/ wohlwollend
- Es Tipps und Anregungen enthält
- Praktisch/ konstruktiv ist
- Grenzen beachtet werden
- Ich-Botschaften
- Erläutern wie es Dritten damit geht
- Erzählen wie es dem Begleiter geht
- Es Möglichkeiten enthält/ Perspektiven erweitert
- Es Aufbauend/ Mut machend ist
- Verhalten reflektiert wird
- Es ehrlich gemeint ist
Vorsicht: einige Punkte beziehen sich nur auf die Wirkung und legen noch kein Verhalten nahe.
Verantwortung und Grenzen
Wir finden es wichtig uns damit auseinandersetzen wie weit unsere Verantwortung innerhalb der Krisenbegleitung geht, wo unsre Grenzen liegen und wie wir dann damit umgehen. Unsere Kräfte und dementsprechend die Verantwortung die wir übernehmen können und wollen sind natürlich individuell. Dafür kann es sinnvoll sein, sich einmal selbst folgende Fragen zu stellen:
- Wann fühle ich mich verantwortlich? Was sind das für Situationen in denen ich mich zuständig fühle?
- Wo sind meine Grenzen? Welche meiner persönlichen Grenzen kenne ich?
Natürlich bezogen auf Krisenbegleitungssituationen.
- Welche Verantwortlichkeiten/ Grenzen für die Situation relevant sind.
- Ob ich dazu stehen kann, das also mir und meinen Vorstellungen für ein nützliches Miteinander entspricht
Wir gehen als eigenständige Persönlichkeiten in Kontakt wenn wir andere in Krisen begleiten. Wir haben Stärken und Schwächen wie jeder Mensch. Je besser wir uns kennen, je ehrlicher wir damit umgehen, desto mehr kann der andere von unserem Dabeisein profitieren.
Nach der Krise
Es gibt nicht nur die Krise, es gibt auch ein Danach. Der Weg zurück in die gesellschaftliche Wirklichkeit kann aus verschiedenen Gründen schwierig sein.
Herausforderungen, mit denen Menschen auf dem Weg zurück in die Alltagswelt konfrontiert sind:
- Nachvollziehen was passiert ist
- Sich eingestehen, was man getan/gesagt hat (iiihh, lieber gleich vergessen…)
- Das Erlebte integrieren/ als Teil von sich akzeptieren
- Körpergefühl wiedererlangen
- Eingestehen müssen, dass man etwas getan hat, was man bereut
- Chaos in den Griff bekommen
- Wahrscheinlich ist das Ursprungsproblem nicht beseitigt, oder sogar schlimmer geworden und muss jetzt angegangen werden, was ja schon vorher schwer war, sonst wären wir ja nicht ver-rückt
- Sich erklären müssen, sollen, wollen
- Medikamente wieder absetzen
Wie können wir ihn als Krisenbegleiter dabei unterstützen?
- Zeit lassen
- Kleine Schritte planen
- Erzählen was passiert ist
- Bewegungsangebote machen
- Keine Schuldzuweisung, Gespräche zwischen den Betroffenen koordinieren, reden!
- Gemeinsam offen, ehrlich und neutral reflektieren
Das alles ist nicht irgendwas Abstraktes, was nicht zum eigentlichen normalen Leben dazugehört und besser in die Hände angeblicher Fachleute abgeschoben und dort vergessen werden sollte. Das ist unser aller euer Leben, LEBEN mit allen Facetten, nicht in eine Ordnung gepresst, sondern aus ihr herausgefallen, entfleucht, eigentlich Freiheit gesucht, Nischen, was gibt es noch? Alles was Menschen erdenken, tun, sehen, fühlen, erleben… deshalb wird die Psychologie und erst recht die Medizin uns niemals fassen an diesen Stellen…Sie bräuchte dafür das Leben aller und all ihre Zeit.