Auch die ungekürzte Fassung der Korrespondenz zu den Wahlprüfsteinen der Partei “Bündnis 90 die Grünen” möchten wir Euch nicht vorenthalten. Danke an Martin Lindheimer, der sich um die Korrespondenz kümmert. Eine abschließende Auswertung der Wahlprüfsteine erfolgt, sobald wir Rückmeldung von allen angefragten Parteien erhalten haben.

1. Setzen Sie sich für eine bedingungslos folter- und gewaltfreie Psychiatrie ein?

Der Schutz von Menschenrechten ist ein zentraler Bestandteil unserer Politik. Folter und Gewalt dürfen keinesfalls als Mittel zur Durchsetzung von politischen und staatlichen Interessen eingesetzt werden. Wir treten für Behandlungsformen ein, die auf Freiwilligkeit und nicht auf Zwang beruhen. Die psychiatrischen Krankenhäuser müssen dazu verpflichten werden, ihren Patient*innen mit wiederkehrenden Behandlungsverläufen eine verbindliche Behandlungsvereinbarung für Situationen einer Nichteinwilligungsfähigkeit zu unterbreiten, wenn die Patient*innen das wollen.

2. Setzen Sie sich für eine Abschaffung aller psychiatrischen Sondergesetze ein, wie es die Behindertenrechtskonvention fordert?

Nach der UN-Behindertenrechtskonvention haben Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung bzw. Psychiatrieerfahrung die gleichen Rechte auf Selbstbestimmung, psychosoziale und medizinische Hilfen wie somatisch Erkrankte. Besonders im Bereich der psychiatrischen Versorgung muss die Einhaltung von Menschenrechten ein zentrales Anliegen sein. Wie die Urteile des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs zur ärztlichen Zwangsbehandlung auch gezeigt haben, gewährleisten Gesetze, dass jede und jeder seine Rechte unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht und gesundheitlicher Verfassung einklagen und durchsetzen kann. Wir treten deshalb primär für eine stetige Weiterentwicklung von Gesetzen und insbesondere dem Recht auf Selbstbestimmung ein. Die rechtlichen Grundlagen werden in den jeweiligen Psychisch-Kranken-Gesetzen (PsychKG) der einzelnen Bundesländer geregelt. Durch die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention und die Entscheidungen der höchsten Bundesgerichte wurden einige Gesetze in den letzten Jahren auf Landesebene bereits überarbeitet. Die Gesetze müssen aber auch weiterhin stets evaluiert und bei Bedarf angepasst werden, damit sie das Recht auf Selbstbestimmung und die Wahrung der Persönlichkeitsrechte tatsächlich gewährleisten.

3. Verhindern Sie jeden Versuch, rechtliche Betreuung zu einem Ausbildungsberuf zu machen, weil Qualität nur durch Abschaffung der Zwangsbetreuung gesichert werden kann?

Wir unterstützen eine gesetzliche Mindestqualifikation für rechtliche Betreuer*innen. So müssen gesetzliche Betreuer*innen bspw. die Grundrechte der Betroffenen kennen. Ebenso müssen sie über Wissen verfügen, wie durch Beratung und Unterstützung ein Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen vermieden werden kann. Gerade die Weiterentwicklung der Betreuung zur rechtlichen Assistenz macht eine geregelte Ausbildung notwendig. Wir möchten darauf hinweisen, dass längst nicht jede Betreuung gegen den Willen der betreuten Person angeordnet wird.

4. Setzen Sie sich für eine Todesfallstatistik aller psychiatrisch Behandelten ein?

Wir unterstützen eine Todesfallstatistik für Menschen, die in der Psychiatrie behandelt wurden. Eine allgemeine Todesfallstatistik gibt es bereits seit langem. Die Umsetzung müsste aber deutlich verbessert werden. Dazu zählt u.a. eine einheitliche Ausstellung des Leichenschauscheins in allen sechzehn Bundesländern. Grundsätzlich ist uns mehr Transparenz beim Behandlungsgeschehen wichtig.

5. Setzen Sie sich für mehr Geld für die Selbsthilfe Psychiatrie-Erfahrener ein?

Wir treten schon seit vielen Jahren dafür ein, dass die Selbsthilfeorganisationen Psychiatrieerfahrener vergleichbar mit anderen Verbänden in der Gesundheitspolitik institutionell gefördert werden.

6. Setzen Sie sich dafür ein, dass Vertreter des BPE e. V. als ältester und größter Betroffenenverband zu Anhörungen eingeladen wird?

Soweit es bei den Anhörungen jeweils einen Sachbezug zu den Zielen des BPE e.V. gibt oder die Anliegen des BPE e.V. berührt sind, sprechen wir uns für die Einladung des Verbandes aus.

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